Fibonacci: Retracements und Extensions zur Strukturierung von Kurszonen
In diesem Artikel geht es um Fibonacci-Retracements und
Fibonacci-Extensions.
Die wichtige Perspektive:
Statt „der Markt muss bei 0,618 drehen“
fragen wir: „Wie strukturiere ich diesen Swing,
und welche Bereiche sind realistische Kandidaten-Zonen?“
Fibonacci ist ein Werkzeug zur Zonierung und Strukturierung,
nicht zur Wahrsagerei.
Die folgende Grafik zeigt:
- links: einen Aufwärtsswing mit eingezeichneten Retracement-Leveln,
- rechts: denselben Swing, genutzt zur Projektion von Extension-Leveln
und zur Aufteilung in 1., 2. und 3. Kursziel-Zone.
Wir betrachten:
- Retracements – „Wie weit darf eine Korrektur gehen, ohne den Swing zu zerstören?“
- Extensions – „Wo macht es Sinn, bei einer Trendfortsetzung Gewinne mitzunehmen?“
1. Fibonacci-Retracements: Linien, die den Swing in Zonen teilen
Ein Fibonacci-Retracement:
- nimmt einen Swing (Tief ↔ Hoch) und
- zeigt, wie weit der Rücklauf in Prozent gegangen ist.
Typische Level sind:
- 23,6 %, 38,2 %, 50 %, 61,8 %, 78,6 %.
In der Praxis ist nicht die Frage:
- „Welche Prozentzahl ist die magische?“
sondern:
- auf welchen Swing Sie das Tool anwenden, und
- ob ein bestimmtes Level mit
- Unterstützung/Widerstand aus /trading/chart-basics/s-r,
- Trendwerkzeugen aus /trading/indicators/trend,
- Mustern aus /trading/patterns/candles
zusammentrifft.
Confluence ist wichtiger als jede einzelne Zahl.
2. Wo und wie zeichnen? – Den Referenz-Swing wählen
2-1. Grundregel: Nur auf „auffällige Swings“ zeichnen
Ein häufiger Fehler:
- Fibonacci auf jede kleinste Bewegung zu legen.
Das führt schnell dazu, dass:
- zu viele Level die Grafik überladen und
die Interpretation erschweren.
Besser:
- nutzen Sie /trading/chart-basics/swing-vs-correction und
- zeichnen Sie Fibonacci nur auf klar erkennbaren Swings
(markantes Tief zu markantem Hoch oder umgekehrt).
2-2. Richtung im Auf- und Abwärtstrend
-
Aufwärtsswing:
→ vom Swing-Tief zum Swing-Hoch zeichnen
(Retracement-Level laufen von unten nach oben). -
Abwärtsswing:
→ vom Swing-Hoch zum Swing-Tief zeichnen
(Retracement-Level laufen von oben nach unten).
Entscheidend ist die Frage:
„Wenn der Kurs über diese Swing-Grenzen hinausgeht,
akzeptiere ich dann, dass sich die Struktur geändert hat?“
Wenn nicht, ist der Swing vermutlich noch
zu unklar, um darauf einen Plan zu bauen.
3. Interpretation von 38,2 / 50 / 61,8: Was diese Level oft bedeuten
Viele Trader konzentrieren sich besonders auf:
- 38,2 % – flachere Korrektur
- 50 % – mittlere Korrektur (keine tiefere Mathematik, aber weit beobachtet)
- 61,8 % – tiefere Korrektur, oft als „letzte sinnvolle Zone“ genutzt
Die Zahlen sind nicht magisch, aber praktisch:
-
Um 38,2 %
- Häufig in starken Trends,
- in denen Korrekturen flach bleiben und der Trend schnell weiterläuft.
-
Um 50 %
- Intuitiv „die Hälfte zurück“.
- Wichtig, wenn dieses Level mit früheren Seitwärtsphasen oder Midrange-Zonen zusammenfällt.
-
Um 61,8 %
- Wird oft als „letzte Linie“ genutzt, bei der man den Swing noch als intakt sehen kann.
- Besonders relevant, wenn sie mit wichtigen Unterstützungs-/Widerstandszonen aus
/trading/chart-basics/s-r zusammenfällt.
Die folgende Grafik:
- zeigt 38,2 / 50 / 61,8 auf einem Aufwärtsswing und
- markiert Confluence-Zonen, in denen diese Level mit früheren
Unterstützungen/Widerständen, einem gleitenden Durchschnitt
und Candle-Patterns zusammentreffen.
Kurz gesagt:
Zonen, in denen mehrere Werkzeuge und Levels zusammenlaufen,
sind wichtiger als ein einzelner Preis.
4. Fibonacci-Extensions: Ziele und Teilgewinnnahmen strukturieren
Fibonacci-Extensions:
- nehmen die Länge eines früheren Swings
- und projizieren mögliche Fortsetzungszonen, falls der Trend anhält.
Typische Extension-Verhältnisse:
- 1,0 – ähnliche Länge wie der vorherige Swing
- 1,272 – leicht verlängert
- 1,618 – stärker ausgedehnt / potenziell überhitzt
Auch hier:
Nicht „der Kurs muss 1,618 erreichen“,
sondern „wie staffele ich meine Kursziele in diesen Zonen?“
4-1. Extension-Level in die Praxis übersetzen
In der Praxis nutzen viele:
- 1. Ziel um 1,0,
- 2. Ziel bei 1,272,
- 3. Ziel bei 1,618,
und beobachten zusätzlich:
- Candles /trading/patterns/candles,
- Oszillatoren /trading/indicators/oscillators,
- Volumen /trading/chart-basics/volume,
um zu entscheiden:
- wo Teilgewinne mitzunehmen sind,
- ob ein Restbestand laufen gelassen werden kann,
- oder ob der Großteil der Position geschlossen werden sollte.
Die folgende Grafik:
- links: Extensions bei 1,0 / 1,272 / 1,618 auf einem Aufwärtstrend,
- rechts: dieselbe Region, markiert als 1., 2. und 3. Teilgewinn-Zone.
5. Häufige Missverständnisse und Fallen
Typische Probleme im Umgang mit Fibonacci:
-
Zahlen überbewerten
- Romantische Geschichten über 0,618 verbessern selten den Kontostand.
- Märkte bewegen sich durch Orderflow und Positionierung, nicht durch heilige Verhältnisse.
-
Fibonacci nachträglich „passend machen“
- Im Nachhinein Bereiche zu suchen, in denen 0,618 „perfekt funktioniert hat“, ist leicht.
- Wichtiger ist, ob Ihnen das Tool nahe an Echtzeit hilft,
Beobachtungszonen und Pläne zu definieren.
-
Fibonacci auf alles anwenden
- Zu viele Swings + zu viele Level = Charts voller Rauschen.
- Beschränken Sie sich auf einige wenige, klare Swings.
-
Risikomanagement ignorieren
- Kein Fib-Level garantiert eine Reaktion.
- Positionsgröße und Stops müssen weiterhin mit
/trading/risk-management übereinstimmen.
6. Minimal-Checkliste für den Einsatz von Fibonacci
Wenn ein Fibonacci-Level ins Auge sticht, fragen Sie:
-
„Auf welchem Swing basiert dieses Level?“
-
„Wo überlappt dieses Level mit
Unterstützung/Widerstand, Trendwerkzeugen und Mustern
aus /trading/chart-basics/s-r,
/trading/indicators/trend,
/trading/patterns?“ -
„Wenn dieses Level gebrochen wird,
akzeptiere ich, dass der Swing invalid ist?“ -
„Wenn ich um dieses Level herum trade,
passen Stop und Positionsgröße zu
/trading/risk-management?“
7. Nächste sinnvolle Schritte
Fibonacci entfaltet seine Stärke in Kombination mit anderen Tools.
Sinnvolle nächste Artikel:
- Fibonacci mit Volumen und VR kombinieren:
/trading/indicators/other/vr - Chartmuster, die oft in Fib-Zonen auftreten:
/trading/patterns/chart/double-top-bottom
/trading/patterns/chart/triangle - Fibonacci in kompletten Strategien:
/trading/strategy
Am Ende ist Fibonacci weniger ein „magisches Level“-Werkzeug,
sondern eher ein Mittel, um:
Bewegungen in Zonen aufzuteilen,
den Fokus zu schärfen
und Chance-Risiko-Strukturen sauber zu planen.