Trendindikatoren: MA, MACD, Ichimoku und DMI/ADX im Kontext lesen
In diesem Kapitel geht es um Trendindikatoren:
- Gleitende Durchschnitte (MA)
- MACD
- Ichimoku-Cloud
- DMI/ADX
- PSAR
Werkzeuge, die fast jeder Trader
schon einmal auf dem Chart hatte.
Ziel ist nicht:
„Es gab ein Golden Cross, also kaufen,“
sondern:
„Was sagt dieser Trendindikator
in der aktuellen Marktstruktur aus,
und wie weit kann ich ihm trauen?“
Die folgende Grafik zeigt einen Preischart mit:
- oben: Preis + gleitende Durchschnitte (MAs)
- Mitte: MACD-Panel
- unten: ADX-Panel (Trendstärke)
in getrennten Ebenen.
Dieses Setup erlaubt:
- MAs für Richtung und Regime,
- MACD für Momentumwechsel,
- ADX für Trendstärke zu nutzen.
1. Was sind Trendindikatoren? – Richtung und Stärke zusammenfassen
Trendindikatoren:
- verarbeiten Preisdaten zu Durchschnitten, Differenzen, Verhältnissen,
- um zu zeigen, ob der Markt eher
- aufwärts, abwärts oder seitwärts läuft,
- und wie stark oder schwach dieser Trend ist.
Sie sind gut darin,
- das Umfeld zu beschreiben,
aber schlecht darin,
- exakte Hochs und Tiefs zu treffen.
In der Praxis helfen sie zu beantworten:
- „Habe ich ein Trendfolge-Umfeld oder nicht?“
- „Sollte ich eher mit dem Hauptmove gehen
oder in Range-/Mean-Reversion-Strukturen denken?“
2. Gleitende Durchschnitte (MA): Basisschema für Trends
2-1. Wie MAs den Markt einrahmen
Ein gleitender Durchschnitt:
- mittelt Schlusskurse über N Perioden,
- zeichnet diese als Linie,
- und man liest Steigung und relative Position.
Beispiel:
- kurzfristiger MA (z.B. 20MA) steigt,
- der Preis hält sich oberhalb dieses MA,
→ typische Grundkonstellation eines kurzfristigen Aufwärtstrends.
Die Grafik vergleicht:
- Aufwärtstrend: kurz > mittel > lang, alle steigend,
- Range: MAs verschlungen und relativ flach,
- Abwärtstrend: lang > mittel > kurz, alle fallend.
2-2. Drei Kernpunkte beim Lesen von MAs
Über alle Timeframes hinweg
(siehe /trading/chart-basics/timeframes):
-
Steigung
- nicht nur „oberhalb/unterhalb“,
sondern auch wie stark der MA steigt oder fällt.
- nicht nur „oberhalb/unterhalb“,
-
Stacking
- sauberer Aufwärtstrend: kurz > mittel > lang,
- sauberer Abwärtstrend: lang > mittel > kurz.
Solche Phasen gehen oft mit stabileren Trends einher.
-
Abstand zum Preis
- Ist der Preis sehr weit vom MA entfernt,
steigt oft das Risiko einer kurzfristigen Gegenbewegung.
- Ist der Preis sehr weit vom MA entfernt,
2-3. Grenzen und Fallstricke von MAs
- In Seitwärtsphasen kreuzen MAs ständig auf und ab,
- was zu einer Serie an Fehlsignalen
(Golden/Death Cross) führen kann.
Kurz gesagt:
In nicht-trendigen Märkten
können Trendindikatoren selbst zum Rauschen werden.
3. MACD: Kombination aus Trend- und Momentum-Blick
MACD ist im Kern:
- die Differenz zwischen einer schnellen und einer langsamen EMA,
- im Vergleich zu einer Signallinie (Durchschnitt dieser Differenz).
3-1. Wichtige MACD-Komponenten
Typische Bestandteile:
- MACD-Linie: schnelle EMA – langsame EMA
- Signallinie: gleitender Durchschnitt der MACD-Linie
- Histogramm: MACD – Signallinie
Häufig beachtete Muster:
-
Über/unter der Nulllinie
- über 0 → bullischer Druck dominiert,
- unter 0 → bärischer Druck dominiert.
-
Kreuzungen relativ zur Nulllinie
- bullische Kreuzung oberhalb von 0:
mögliche Beschleunigung im Aufwärtstrend. - bärische Kreuzung unterhalb von 0:
Beschleunigung im Abwärtstrend.
- bullische Kreuzung oberhalb von 0:
-
Kontraktion/Expansion des Histogramms
- schrumpfendes Histogramm:
Trend verliert an Kraft oder bereitet eine Wende vor. - wachsendes Histogramm:
neuer Move gewinnt an Momentum.
- schrumpfendes Histogramm:
3-2. Warum MACD nicht überbewertet werden sollte
- MACD basiert auf MAs und
erbt deren Schwächen in volatilen Ranges. - In engen Seitwärtsphasen
kann es zu einer Vielzahl von Whipsaws kommen.
Nutzen Sie MACD weniger als:
- „perfekten Einstiegstrigger“,
sondern eher als:
ein Werkzeug, das anzeigt: „Momentum verschiebt sich“ –
im Rahmen einer Struktur, die Sie bereits verstanden haben.
4. Ichimoku-Cloud: Mehrkomponentiges Trendsystem
Ichimoku kombiniert:
- Tenkan (Conversion), Kijun (Base),
- Senkou-Spans A/B (Cloud),
- Chikou-Span (Lagging Span)
zu einem komplexen Trendsystem.
Details zu Parametern
sind eher Thema eines eigenen Kapitels;
hier geht es um die Sichtweise.
4-1. Zentrale Lesarten mit Ichimoku
Typische Checks:
-
Preis vs. Wolke
- Preis oberhalb der Wolke,
- Wolke dick und steigend
→ typische Konstellation eines starken Aufwärtstrends.
-
Tenkan vs. Kijun
- Tenkan über Kijun, beide steigend
→ kurz- und mittelfristiger Trend ausgerichtet.
- Tenkan über Kijun, beide steigend
-
Chikou-Span
- Chikou über Preis und Wolke
→ relativ „aufgeräumte“ Trendstruktur.
- Chikou über Preis und Wolke
4-2. Praktische Hinweise zu Ichimoku
- Viele Komponenten auf einmal können
visuell schnell überfordern. - Es ist nicht nötig,
alle Regeln gleichzeitig zu nutzen.
Schon:- „Preis vs. Wolke“ und
- „Tenkan vs. Kijun“
- reichen für ein grundlegendes Trend-Framework.
5. DMI/ADX und PSAR: Trendstärke und Trailing-Stops
5-1. DMI/ADX: Trendstärke messen
DMI/ADX zeigt:
- +DI / -DI: Richtungsbewegung aufwärts/abwärts,
- ADX: die Stärke dieser Bewegung.
Oft genutzte Muster:
- ADX niedrig (z.B. < 20):
mögliches Range-/No-Trend-Umfeld. - ADX steigend über 20–25:
Trendstärke baut sich auf.
5-2. PSAR: Trendfolgender Stop-Vorschlag
PSAR (Parabolic SAR):
- zeichnet Punkte als Trailing-Stop-Vorschlag.
- Punkte unter dem Preis → Long-Stop-Zonen im Aufwärtstrend,
- Punkte über dem Preis → Short-Stop-Zonen im Abwärtstrend.
Aber:
- in sehr volatilen Phasen kann PSAR häufig hin und her springen,
- und so zu überempfindlichen Stops führen.
Nutzen Sie PSAR eher als:
- optische Hilfe neben den
- Positions- und Stop-Regeln aus
/trading/risk-management,
statt als alleinigen Stop-Mechanismus.
6. Trendindikatoren kombinieren (Minimal-Setup)
Ein häufiges Praxisvorgehen:
-
Umfeld bestimmen (Trend vs. Range)
- MA-Stacking + ADX nutzen,
- um zu klären: „Trend- oder Range-Umfeld?“
-
Richtung bestimmen
- Hoch-/Tiefstruktur + MA-Steigung nutzen,
- um die grundlegende bullische/bärische Ausrichtung zu prüfen.
-
Momentum prüfen
- MACD (oder Ichimoku Tenkan/Kijun) nutzen,
- um zu sehen, ob Momentum zunimmt oder nachlässt.
-
Risiko und Stops gestalten
- ATR/ADR und aktuelle Volatilität nutzen,
- um Stops und Positionsgrößen im Rahmen von
/trading/risk-management zu wählen.
Kernpunkt:
Nicht möglichst viele Indikatoren,
sondern wenige, klar getrennte Rollen.
7. Checkliste für Trendindikatoren in der Praxis
Vor einer Entscheidung auf Basis eines Trendindikators:
-
„Habe ich Trend oder Range?“
- prüfen über MA-Ausrichtung, ADX,
und Hoch-/Tiefstruktur.
- prüfen über MA-Ausrichtung, ADX,
-
„Auf welcher Zeitebene lese ich?“
- festlegen, auf welchem Takt (5m/1h/4h/Day)
der Indikator interpretiert wird
(siehe /trading/chart-basics/timeframes).
- festlegen, auf welchem Takt (5m/1h/4h/Day)
-
„Was, wenn Preis und Indikator widersprechen?“
- sagen Indikatoren „Trend“,
der Preis bildet aber klare Range-Struktur,
dann Preisstruktur priorisieren.
- sagen Indikatoren „Trend“,
-
„Passt das Signal in meinen Risiko-Rahmen?“
- verlangt das Setup einen Risiko-Level
außerhalb Ihres Plans in
/trading/risk-management,
ist es vermutlich nicht Ihr Trade –
auch wenn der Indikator gut aussieht.
- verlangt das Setup einen Risiko-Level
Im nächsten Kapitel
/trading/indicators/oscillators
gehen wir auf:
- RSI, Stochastik, CCI und andere Oszillatoren ein,
und betrachten sie primär als:
Werkzeuge, um Swings innerhalb von Trends zu lokalisieren,
nicht als alleinige Umkehrsignale.