Volatilitätsindikatoren: Risiko mit Bollinger Bändern, ATR und ADR lesen
In diesem Kapitel geht es um Volatilitätsindikatoren:
- Bollinger Bänder,
- ATR (Average True Range),
- ADR (Average Daily Range),
- sowie einfache Volatilitäts-Proxies wie Kerzenlänge, Gaps und Spikes.
Die Denkweise:
Nicht: „Preis berührt das obere Band → sofort shorten,“
sondern:
„Wie groß und wie schnell bewegt sich der Markt gerade,
und habe ich mein Risiko daran angepasst?“
Volatilitätsindikatoren sind besser darin,
- Größe und Risiko zu messen,
als darin,
- die Richtung vorherzusagen.
Die folgende Grafik zeigt:
- oben: Preis mit Bollinger Bändern,
die in einen engen Squeeze gehen und anschließend expandieren, - unten: ATR, das in derselben Phase erst flach verläuft und dann deutlich ansteigt.
Wer diese Struktur versteht, kann besser beantworten:
- „Befinden wir uns im ruhigen Vorfeld eines Moves
oder bereits in der Mitte einer Expansion?“ - „Sollte ich in diesem Umfeld meine Positionsgröße
reduzieren oder erhöhen?“
1. Was sind Volatilitätsindikatoren? – „Wie groß, wie schnell“
Volatilität beschreibt im Kern:
wie groß und wie schnell sich der Preis bewegt.
Volatilitätsindikatoren:
- fokussieren auf Spanne und Geschwindigkeit, nicht primär auf „Long/Short“,
- und unterstützen Sie bei:
- Risikomanagement,
- Strategieauswahl,
- Timeframe-Wahl.
Sie sind eng verknüpft mit:
- risk-management:
- Stoppabstand, Zielentfernung, Positionsgröße,
- strategy:
- Wahl zwischen Trendfolge- und Range-Strategien,
- timeframes:
- der passenden Zeitebene für Ihren Stil.
2. Bollinger Bänder: Durchschnitt ± Standardabweichung
Bollinger Bänder bestehen aus:
- Mittellinie: meist ein gleitender Durchschnitt über N Perioden,
- Ober-/Unterband: MA ± k × Standardabweichung.
Sie zeigen intuitiv:
- wie weit sich der Preis über/unter seinen jüngsten Durchschnitt bewegt, und
- ob die aktuelle Spanne breit oder eng ist.
2-1. Bandbreite und Squeeze
Besonders wichtig:
-
wie eng oder breit die Bänder sind.
-
Bänder ziehen sich zusammen → Kerzen werden kleiner und ruhiger.
-
Bänder weiten sich plötzlich → Volatilität bricht auf.
Besonders interessant:
- ein extremer Squeeze, gefolgt von
- einem Move, bei dem Kerzen am äußeren Band entlanglaufen,
ähnelt strukturell den Dreiecks-Breakouts aus
triangle.
2-2. Band-Berührung nicht als reines Umkehrsignal sehen
Häufiger Fehler:
- oberes Band = verkaufen,
- unteres Band = kaufen.
In starken Trends:
- kann der Preis längere Zeit am oberen Band entlang laufen, oder
- im Abwärtstrend am unteren Band kleben.
Besser:
- Bollinger Bänder als Hinweis darauf sehen,
- wie extrem eine Bewegung im Vergleich zur jüngeren Historie ist,
- und ob Volatilität eher
- kontrahiert (ruhiger Modus) oder
- expandiert (aktiver Modus),
nicht als starres Reversal-Werkzeug.
3. ATR (Average True Range): Volatilität über Kerzengröße
ATR basiert auf dem True Range, üblicherweise:
- heutiges Hoch – heutiges Tief,
- sowie das Maximum aus
- |Hoch – Vortagesschluss|,
- |Tief – Vortagesschluss|.
ATR ist der Durchschnitt dieses True Range
über N Perioden.
3-1. ATR als „durchschnittliche Tagesbewegung“ lesen
Wenn der Tages-ATR bei 50 liegt, heißt das ungefähr:
„In den letzten N Tagen
lag die typische Tagesbewegung bei etwa 50 Punkten.“
Daraus ergibt sich ein Maßstab:
- ATR = 50, Stopp = 10 Punkte →
Sie versuchen, in nur 1/5 der normalen Schwankung zu überleben. - Sehr kleine Ziele im Vergleich zu ATR →
eventuell zu enger, hyperaktiver Handelsstil.
3-2. Steigender vs. fallender ATR
Die folgende Grafik vergleicht:
- Trend- vs. Range-Umfeld im Preis,
- ATR-Verlauf darunter.
Typischerweise:
- neue oder auslaufende Trends gehen mit steigendem ATR einher,
- längere Seitwärtsphasen zeigen abnehmenden ATR.
Das passt zu den Kompressions-/Expansionstrukturen
aus triangle
und part-4.
4. ADR (Average Daily Range): Tagesrange direkt messen
ADR:
- mittelt die tägliche (High – Low)-Spanne über N Tage.
Es ist ATR ähnlich, aber:
- behandelt Gaps und Intraday-Details etwas anders.
Typische Fragen, für die ADR genutzt wird:
- „Wie viele Prozent bewegt sich dieser Markt typischerweise pro Tag?“
- „Ist mein Kursziel realistisch im Vergleich zur üblichen Tagesrange?“
Beispiel:
- ein Coin hat eine durchschnittliche ADR von 3%,
- wenn Sie regelmäßig 10% Tagesziele anstreben,
- sind Erwartung und Risiko möglicherweise nicht konsistent.
5. Volatilitätsindikatoren mit Risikomanagement verknüpfen
Der eigentliche Wert von Volatilitätsindikatoren zeigt sich,
wenn sie mit risk-management kombiniert werden.
5-1. Positionsgröße anpassen
- Bei hohem ATR/ADR:
- gleiche Stoppweite → eher kleinere Positionen.
- Bei sehr niedrigem ATR/ADR:
- zu enge Stopps können einfach von der normalen Schwankung abgeholt werden.
5-2. Stops und Ziele gestalten
Viele Trader definieren:
- Stops als Vielfaches des ATR,
- Ziele als höheres Vielfaches,
und berücksichtigen gleichzeitig:
- Struktur (Pattern, Support/Resistance),
- Konto-Risikorahmen.
Beispiel (nicht als starre Regel):
- Stopp: 1 × ATR,
- erstes Ziel: 1,5–2 × ATR,
- zweites Ziel: 3 × ATR oder mehr,
immer im Rahmen des eigenen Risk-Plans.
5-3. Strategie-Wahl: Trendfolge vs. Range-Handel
- Bei kontrahierenden Bändern/ATR
können engere Scalps und Range-Strategien sinnvoll sein. - Bei stark expandierender Volatilität,
und passender Struktur,
können Breakout-Strategien wie
breakout-fakeout
besser passen.
6. Checkliste für Volatilitätsindikatoren in der Praxis
Mit Volatilitäts-Tools auf dem Chart:
-
„Ist der Markt aktuell ruhiger oder lauter als üblich?“
-
„Sind meine Stops und Ziele
gemessen an ATR/ADR zu eng oder zu weit?“ -
„Liegt meine Positionsgröße
im Rahmen von
risk-management?“ -
„Ist dieser Volatilitätsschub/-rückgang
eher Anfang, Mitte oder späte Phase eines Moves?“
Im nächsten Kapitel
/trading/indicators/other
behandeln wir:
- Fibonacci-Tools, volumenbezogene Indikatoren und andere Hilfsindikatoren,
und sehen sie nicht als eigenständige Kauf-/Verkaufssignale,
sondern als:
Ergänzung zu vorhandenen Ansichten
aus Preis, Pattern, Trend und Volatilität.