Volume Ratio (VR): Kauf- und Verkaufsdruck im Volumen lesen
In diesem Artikel geht es um VR (Volume Ratio) –
ein Werkzeug, mit dem sich zusammenfassen lässt,
auf welcher Seite das gehandelte Volumen dominiert.
Die Kernfrage lautet:
„In den letzten N Kerzen:
fließt mehr echtes Geld in Käufe oder in Verkäufe?“
Die Perspektive:
- nicht „VR ist über X, also kaufen/verkaufen“,
- sondern: „In diesem Kontext –
welche Seite zeigt tatsächlich stärkere Volumenbeteiligung?“
Die folgende Grafik zeigt:
- oben: Kursverlauf am Range-High mit einem Fake-Breakout und einem echten Breakout,
- unten: das entsprechende Verhalten von VR
(schwache Reaktion beim Fake, starke beim echten Ausbruch).
Mit diesem Verständnis können Sie:
- Fehlmuster aus /trading/patterns/failure,
- und Breakout-Strategien aus
/trading/strategy/pattern/breakout-fakeout
durch eine zusätzliche Volumen-Perspektive filtern.
1. Grundidee von VR: „Wie viel, in welche Richtung?“
Die exakte Berechnung von VR unterscheidet sich je nach Plattform,
doch das Konzept ist ähnlich:
- über einen festen Zeitraum (N Kerzen)
- wird das Volumen der bullischen Kerzen aufsummiert,
- und das Volumen der bärischen Kerzen,
- anschließend werden die beiden miteinander verglichen.
Intuitiv fragt VR:
„In den letzten Perioden,
auf welcher Seite liegt mehr gehandeltes Volumen –
bei Käufern oder Verkäufern?“
Damit gilt:
- /trading/chart-basics/volume zeigt, wie viel insgesamt gehandelt wurde,
- VR ergänzt, wie sich dieses Volumen auf Up- und Down-Kerzen verteilt.
2. VR in Trends vs Ranges
2-1. Trendumfeld: anhaltende VR-Tendenz
In einem starken Aufwärtstrend sehen wir häufig:
- das Volumen der bullischen Kerzen ist dauerhaft höher,
- VR bleibt über einer Basislinie und zeigt bullische Dominanz.
Im starken Abwärtstrend dann umgekehrt:
- Volumen der bärischen Kerzen dominiert,
- VR zeigt eine konstante bärische Tendenz.
Dadurch kann VR helfen zu prüfen, ob:
- der Trend, den Sie z. B. über
/trading/indicators/trend (MAs, DMI/ADX usw.) sehen, - tatsächlich von breiter Volumenbeteiligung getragen wird
oder eher auf dünner/liquiderer Bewegung beruht.
2-2. Range-Phase: VR kippt hin und her
In einer klaren Range/Box:
- kann VR am Range-High zeitweise in Richtung Kauf kippen,
- dann zurück in Richtung Verkauf, wenn der Kurs abgewiesen wird,
- und am Range-Low das spiegelbildliche Verhalten zeigen.
Das ist typisch für Märkte, in denen:
- keine Seite komplett dominiert,
- sondern Kauf- und Verkaufsdruck abwechselnd die Oberhand gewinnen.
Die nächste Grafik vergleicht:
- links: einen Aufwärtstrend mit dauerhaft bullischer VR-Bias,
- rechts: eine Range, in der VR am oberen und unteren Rand die Richtung wechselt.
3. VR und Breakouts: Fake vs Echt
Besonders interessant wird VR rund um Breakout-Versuche.
3-1. Typischer Fake-Breakout
Am oberen Rand einer Range:
- steigt der Kurs kurz über den Widerstand hinaus,
- aber VR zeigt nur eine schwache Reaktion.
Oft bedeutet das:
- es gibt wenig neues, aggressives Kaufinteresse,
- und die Bewegung kann vor allem von
- Short-Covering (Shorts werden ausgestoppt) oder
- dünner Liquidität am Rand der Range
getragen sein.
Wenn der Kurs:
- rasch in die Range zurückfällt und
- VR wieder Richtung neutral oder bärisch kippt,
passt das gut zu Fehlbreakout-Mustern,
wie sie in /trading/patterns/failure besprochen werden.
3-2. Typischer echter Breakout
Beim echten Ausbruch:
- bricht der Kurs über das Range-High,
- VR zieht kräftig mit in Ausbruchsrichtung,
- und bleibt auch in Korrekturen tendenziell auf dieser Seite.
Das deutet darauf hin:
- dass neue Marktteilnehmer mit Überzeugung einsteigen,
- was oft mit Trendfortsetzungen einhergeht,
z. B. nach Mustern wie in
/trading/patterns/chart/triangle.
Auch hier gilt: keine Garantie – aber
„Preis bricht aus“ + „VR bestätigt mit starkem Volumen-Bias“
liefert ein besseres Bild über die Qualität des Breakouts
als der Preis alleine.
4. Grenzen und Fallen beim Einsatz von VR
VR ist kein Allheilmittel. Typische Stolpersteine:
-
Rauschen auf sehr niedrigen Timeframes
- Auf 1–3-Minuten-Charts können wenige Trades VR stark schwanken lassen.
- Es hilft, zusätzlich den VR-Trend auf höheren Timeframes zu beobachten
(siehe /trading/chart-basics/timeframes).
-
Event-getriebene Volatilität
- Rund um FOMC, CPI, große Listings/Delistings usw.
handeln oft alle alles – in beide Richtungen. - VR wird schwerer zu interpretieren, weil Volumen auf beiden Seiten explodiert.
- Rund um FOMC, CPI, große Listings/Delistings usw.
-
Illiquidität und Manipulation
- Dünn gehandelte Coins oder Märkte, die auf eine Börse konzentriert sind,
liefern oft verzerrte VR-Signale. - Binden Sie VR an Ihre Kriterien zur Produktauswahl aus
/trading/risk-management.
- Dünn gehandelte Coins oder Märkte, die auf eine Börse konzentriert sind,
-
VR als alleiniger Einstiegstrigger
- „VR über X = immer kaufen“ ist gefährlich.
- Sinnvoller ist der Einsatz als:
- Filter oder Bestätigung für Price-Action/Pattern-Setups,
- in Kombination mit Volatilitätsindikatoren (ATR/ADR) aus
/trading/indicators/volatility.
5. Checkliste für den praktischen Einsatz von VR
Wenn ein VR-Signal auffällt, prüfen Sie:
-
„Bin ich im Trend oder in der Range?“
- Einordnen mit /trading/indicators/trend
und /trading/chart-basics/s-r.
- Einordnen mit /trading/indicators/trend
-
„Wo im Strukturbild taucht das VR-Signal auf?“
- Range-High/-Low,
- wichtige Unterstützungs-/Widerstandszonen,
- Mustergrenzen aus /trading/patterns/chart.
-
„Wie verhält sich VR bei Breakouts/Fehlbreakouts?“
- Schießt VR beim Ausbruch stark mit,
- oder glimmt es nur kurz auf und fällt wieder ab?
-
„Was bedeutet das für mein Risikomanagement?“
- Auch ein stark bullisches VR rechtfertigt nicht:
- Hebel oder Positionsgrößen außerhalb der Regeln in
/trading/risk-management.
- Hebel oder Positionsgrößen außerhalb der Regeln in
- Auch ein stark bullisches VR rechtfertigt nicht:
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VR entfaltet seine Stärke in Kombination mit anderen Bausteinen:
- Basisverständnis von Volumen:
/trading/chart-basics/volume - Confluence zwischen Fibonacci und VR:
/trading/indicators/other/fibonacci - Chartmuster, die häufig mit Volumenungleichgewichten einhergehen:
/trading/patterns/chart/double-top-bottom
/trading/patterns/chart/triangle - VR in Breakout-/Fakeout-Strategien:
/trading/strategy/pattern/breakout-fakeout
Behalten Sie beim Blick auf VR vor allem die Frage im Kopf:
„Welche Seite legt hier wirklich Geld auf den Tisch
auf diesem Kursniveau?“
Dann bleibt VR ein nützliches Kontextwerkzeug
und wird nicht zu einem überinterpretierten Einzel-Signal.