🐋
Walhandel

Head-and-Shoulders-Formation: Klassische Umkehr und ihre Fehlsignale

Die Head-and-Shoulders-Formation (H&S) gehört zu den bekanntesten
Umkehrmustern der Charttechnik.

  • Das Top-Muster entsteht meist nach einem Aufwärtstrend
    mit drei Hochs, wobei das mittlere (der „Kopf“) am höchsten ist.
  • Die inverse Formation erscheint meist nach einem Abwärtstrend
    mit drei Tiefs, wobei das mittlere am tiefsten ist.

Die Kernbotschaft lautet:

„Die bisher dominante Seite verliert allmählich an Kraft.“


Die folgende Grafik zeigt ein klassisches Top-H&S
und eine inverse Head-and-Shoulders mit
eingezeichneter Nackenlinie und Trendrichtung.


1. Struktur: Warum drei Schwünge?

1-1. Linke Schulter → Kopf → rechte Schulter

Aus Sicht von
/trading/chart-basics/swing-vs-correction
bildet sich ein Top-H&S ungefähr so:

  1. Linke Schulter

    • ein normaler Aufwärtsschwung im laufenden Trend,
    • gefolgt von einer Korrektur.
  2. Kopf

    • Käufer treiben den Markt erneut nach oben
      und markieren ein neues Hoch.
    • Bis hierhin sieht alles nach Trendfortsetzung aus.
  3. Rechte Schulter

    • nach einer weiteren Korrektur startet ein dritter Anlauf,
      der jedoch unterhalb des Kopfes scheitert.
    • Die Aufwärtsdynamik lässt nach,
      Verkaufsbereitschaft auf diesem Niveau nimmt zu.

So entsteht optisch das bekannte Bild
mit drei Hochs, von denen das mittlere am höchsten ist.

1-2. Inverse Head-and-Shoulders

Die inverse Formation spiegelt die Logik im Abwärtstrend:

  • linke Schulter: normaler Abwärtsschwung in ein Tief,
  • Kopf: tieferes Tief, Trend wird bestätigt,
  • rechte Schulter: letzter Abwärtsversuch,
    der kein neues Tief mehr schafft.

Häufig werden die Tiefs weniger aggressiv,
während die Zwischenhochs ansteigen
ein Hinweis darauf, dass der Verkaufsdruck nachlässt
und sich Umkehrpotenzial aufbaut.


2. Nackenlinie und Position im Trend

2-1. Wo verläuft die Nackenlinie?

Die Nackenlinie wird wie folgt gezeichnet:

  • beim Top: Linie durch die beiden Zwischentiefs,
  • bei der inversen Formation: Linie durch die beiden Zwischenhochs.

Sie ist wichtig, weil:

  1. Strukturelle Grenze
    • Ohne Schlusskurs jenseits der Nackenlinie
      bleibt die Formation nur potenziell.
  2. Grundlage für das Risikomanagement

2-2. An welcher Stelle im Trend entsteht die Formation?

Der Kontext aus
/trading/chart-basics/s-r und
/trading/chart-basics/swing-vs-correction
entscheidet über die Aussagekraft.

Ein Top-H&S ist besonders relevant, wenn:

  • es spät in einem längeren Aufwärtstrend auftritt,
  • Kopf oder Schultern mit einem starken Widerstand
    auf Wochen- oder Monatsbasis zusammenfallen,
  • das Volumen am Kopf und an der rechten Schulter
    spürbar geringer ist als zuvor.

Bildet sich die Struktur früh im Trend
oder innerhalb einer breiten Range,
kann sie leicht nur eine komplexe Konsolidierung sein.

Für die inverse Formation gilt entsprechend:

  • vorangegangener ausgedehnter Abwärtstrend,
  • Tiefs in der Nähe einer starken Unterstützung,
  • beim Kopf lange untere Dochte und höheres Volumen.

3. Volumen und Head-and-Shoulders

Lehrbücher definieren oft sehr strenge Volumenmuster.
In der Praxis genügt es, auf grobe Tendenzen zu achten.

3-1. Ideales Volumenverhalten

Beim Top:

  • das Volumen nimmt vom linken zur rechten Seite ab,
  • beim Bruch der Nackenlinie steigt es wieder an.

Bei der inversen Formation:

  • Verkaufsvolumen nimmt in Richtung Kopf ab,
  • beim Ausbruch über die Nackenlinie
    zieht das Kaufvolumen deutlich an.

3-2. Praktischer Umgang

In der Realität reichen oft ein paar Fragen:

  • Ist das Volumen am Kopf/rechten Schulter spürbar schwächer
    als in früheren Anstiegen? → möglicher Trendverschleiß.
  • Zieht das Volumen beim Bruch der Nackenlinie
    klar an? → höherer Wahrscheinlichkeit, dass der Bruch trägt.
  • Ist das Volumen bei einer Rückkehr durch die Nackenlinie
    größer als beim ursprünglichen Bruch,
    deutet das auf ein mögliches Fehlsignal hin
    (siehe /trading/patterns/failure).

4. Ausbruch vs. Fehlausbruch

Wie bei Doppeltop/Doppelboden lautet die Kernfrage:

„Was macht der Kurs an der Nackenlinie?“

Die folgende Grafik vergleicht:

  • links: einen sauberen Durchbruch aus einem Top-H&S,
  • rechts: einen Fehlausbruch / Bärenfalle,
    bei dem der Kurs kurz unter die Nackenlinie fällt
    und anschließend wieder darüber schießt.

Ein typischer Fehlausbruch:

  1. Der Kurs unterschreitet kurz die Nackenlinie.
  2. Die Abwärtsbewegung kommt kaum voran.
  3. Der Markt erobert die Nackenlinie zurück.
  4. Das Volumen bei Rückkehr und Anstieg
    ist höher als beim ersten Bruch.

Short-Positionen werden in die Gegenbewegung hinein gedeckt
und verstärken so den Anstieg.

Bei der inversen Formation ist das Bild spiegelverkehrt:

  • kurzer Ausbruch über die Nackenlinie,
  • dann schneller Rückfall darunter,
    der späte Longs in die Falle lockt.

Mehr dazu in
/trading/patterns/failure.


5. Praktische Checkliste und Ausblick

Vor einem Trade auf Basis einer H&S-Formation sollten Sie prüfen:

  1. Wie sieht der Trend auf dem höheren Timeframe aus?

  2. Wo im aktuellen Swing liegt die Formation?

    • Früh, in der Mitte oder spät?
    • Ist der Markt bereits weit gelaufen?
  3. Wo verläuft die Nackenlinie und wo liegt Ihre Invalidation?

    • Ab welchem Kurs sagen Sie:
      „Dieses H&S-Setup ist nicht mehr gültig“?
  4. Bestätigt das Volumen die Geschichte?

    • Relatives Volumen am Kopf / an der rechten Schulter,
    • Volumen am Bruch vs. Volumen bei einer eventuellen Rückkehr.
  5. Passt das Setup in Ihren Risikoplan?


Die Head-and-Shoulders-Formation ist optisch leicht zu erkennen,
steht im Live-Markt jedoch ständig im Wechselspiel mit

Statt nur zu fragen, ob eine Formation „perfekt“ ist,
ist es hilfreicher zu verstehen,

wer an welchem Niveau scheitert
und wo sich echte Überzeugung im Volumen zeigt.