Drawdown-Management: Was reduzieren – und was schützen –, wenn die Equity-Kurve fällt
In risk-reward,
position-sizing,
atr-sizing und
max-loss haben wir:
- 1R (Risiko pro Trade),
- Positionsgröße,
- tägliche und wöchentliche Max-Loss-Regeln
besprochen.
In diesem Beitrag geht es um das Konzept,
in dem sich all das in einer Kurve widerspiegelt:
den Drawdown.
1. Was ist ein Drawdown?
Ganz einfach gesagt, Drawdown ist:
Wie weit Ihr Konto
von seinem bisherigen Höchststand gefallen ist.
Beispiel:
- Ihr Konto steigt auf 10.000 USD,
- fällt dann auf 8.000 USD.
Der Drawdown ist:
- in Dollar: 2.000 USD,
- in Prozent: 20 % (2.000 ÷ 10.000).
In der Praxis wird meist der prozentuale Drawdown genutzt
(−10 %, −20 %, −30 % …), um:
- die Schwankungsbreite eines Systems und
- den möglichen „Schmerzlevel“
zu vergleichen.
Der tiefste Einbruch in einem Zeitraum wird genannt:
- Maximum Drawdown (MDD).
2. Warum Drawdown wichtig ist: Mathematik + Psychologie
Drawdown ist aus zwei Gründen zentral.
-
Mathematisch: Erholung wird mit zunehmendem Drawdown schwieriger
- nach −10 % brauchen Sie rund +11,1 %, um wieder auf Null zu kommen,
- nach −20 % → +25 %,
- nach −30 % → +42,9 %,
- nach −50 % → +100 %.
Das Entscheidende:
Je tiefer der Drawdown,
desto stärker wächst der nötige Erholungs-Prozentsatz.
-
Psychologisch: Im Drawdown brechen Trader am ehesten ihre Regeln
- Verlustserien bauen sich auf,
- die Equity-Kurve zeigt nach unten,
und es wird leichter zu denken:
- „Nur dieses eine Mal gehe ich größer rein,“
- „Dieses Setup sieht einfach zu gut aus, um es klein zu handeln.“
Drawdown ist also:
Eine Phase, in der Kontostand und Psyche
gleichzeitig unter Druck stehen.
Drawdown-Management bedeutet daher nicht nur:
- „Weniger verlieren,“
sondern:
„Wie viel kann ich verkraften –
und wie verhalte ich mich, während ich durch diese Zone gehe?“
3. Die „natürliche“ Drawdown-Spanne Ihres Systems
Jedes System mit:
- einer Trefferquote,
- einem durchschnittlichen R/R-Verhältnis und
- klaren Stopp-Regeln
wird eine gewisse natürliche Drawdown-Spanne haben,
selbst wenn es gut funktioniert.
Beispiel:
- Trendfolge-System
- Trefferquote ~40 %,
- durchschnittlicher Gewinn = 2R,
- durchschnittlicher Verlust = 1R.
Dann sind:
- 3–5 Verlusttrades in Folge,
- ein Drawdown von −5R bis −10R
statistisch völlig im Rahmen,
auch bei einem gesunden System.
Bei der Planung von Drawdown-Grenzen ist es deshalb sinnvoll:
- Backtests und real gehandelte Daten anzuschauen,
- zu fragen:
„Wie groß sind typische Drawdowns,
wenn das System normal funktioniert?“ - die persönlich akzeptable Drawdown-Grenze
etwas oberhalb dieser Spanne festzulegen.
Beispiel:
Zeigen Backtests in der Regel Drawdowns bis −10R,
könnte die persönliche Obergrenze bei −12R bis −15R liegen.
4. „Step-down“-Plan: Maßnahmen je nach Drawdown-Stufe
Viele Trader arbeiten mit Stufenplänen im Drawdown.
Beispielsweise in Prozent des Kontos:
- −5 %
- −10 %
- −15 %
- −20 % und mehr
Für jede Stufe werden vorab Maßnahmen definiert:
- Risiko reduzieren,
- Handelsmodus ändern,
- Pause einlegen.
4-1. Beispiel: Stufenplan für Drawdown
Angenommen:
- Konto: 10.000 USD,
- 1R = 1 % = 100 USD.
-
Stufe 1: −5 % (−5R)
- Maßnahmen:
- letzte Trades im Journal überprüfen,
- kontrollieren, ob Entries wirklich regelkonform waren,
- Positionsberechnung aus
position-sizing überprüfen.
- Risiko:
- 1R vorerst beibehalten,
- aber weniger Trades machen (strengere Selektion).
- Maßnahmen:
-
Stufe 2: −10 % (−10R)
- Maßnahmen:
- mindestens ein bis zwei Tage Pause vom Live-Trading,
- prüfen, ob das System aus strategy/***
noch zum aktuellen Marktumfeld passt.
- Risiko:
- 1R auf 50–70 % der ursprünglichen Größe senken
(z. B. 1 % → 0,5–0,7 %).
- 1R auf 50–70 % der ursprünglichen Größe senken
- Maßnahmen:
-
Stufe 3: −15 % bis −20 %
- Maßnahmen:
- Übergang in Demo- oder Kleinstpositions-Modus,
- Aufarbeitung des Umgangs mit Verlusten,
vgl. loss-psychology.
- Risiko:
- ursprüngliche Risikogröße nicht einfach schnell wiederherstellen,
solange keine klare Verbesserung erkennbar ist.
- ursprüngliche Risikogröße nicht einfach schnell wiederherstellen,
- Maßnahmen:
Die genauen Werte sind individuell.
Wichtiger ist der Grundsatz:
Je tiefer der Drawdown,
desto stärker sollten Sie Risiko und Aktivität zurückfahren –
nicht erhöhen.
5. Typische Fehler in Drawdown-Phasen
5-1. Bremsenlos in den „Revenge-Modus“
- nach ein bis zwei Verlusten,
- Tages- oder Wochenlimits aus
max-loss werden ignoriert, - sowohl Anzahl der Trades als auch Positionsgrößen werden erhöht.
Meist liegt das Problem hier nicht im System, sondern darin, dass:
Risikosteuerung und Verhalten
weit vom ursprünglichen Plan abweichen.
5-2. Strategie bei jedem Drawdown sofort wechseln
- 3 Verluste → Strategie A wird verworfen → Strategie B,
- wieder Verluste → Strategie C …
Folge:
- keine Strategie bekommt genügend Stichproben,
- man verbringt die meiste Zeit in der
unangenehmen Anfangsphase.
Wichtig ist zuerst zu unterscheiden:
- Systemproblem vs.
- Risiko-/Disziplin-Problem.
Die Reaktion darauf sollte unterschiedlich sein.
5-3. Keine Recovery-Strategie, nur „zurück auf Einstand“ im Kopf
Gedanken wie:
- „Sobald ich wieder bei Null bin, höre ich auf,“
- „Das wird schon wieder hochkommen.“
Ohne klare Regeln wird es schwer:
- zwischen normalem Drawdown und
- gefährlicher Kontoschädigung
zu unterscheiden.
Sie brauchen konkrete Linien wie:
„Bei Kontostand X muss ich reduzieren oder stoppen.“
6. Grundprinzipien der Erholung im Drawdown
Im Kern gibt es zwei Ansätze:
- Risiko unverändert lassen
und darauf setzen, dass das System sich erholt. - Risiko reduzieren
und das Konto langsamer, aber sicherer wieder aufbauen.
Für viele private Trader ist:
-
Option 2 (reduziertes Risiko in der Recovery-Phase)
realistischer, weil sie:- den emotionalen Druck senkt und
- die Gefahr weiterer Panikfehler reduziert.
Bei der Planung der Erholung sollte die Priorität sein:
Nicht: „Wie schnell hole ich alles zurück?“,
sondern: „Wie verhindere ich zusätzlichen schweren Schaden
während der Erholung?“
7. Fragen zur Überprüfung Ihres Drawdown-Plans
Folgende Fragen helfen,
den eigenen Rahmen zu prüfen:
-
„Welchen Drawdown kann ich auf meinem Konto
realistisch aushalten,
ohne meine Disziplin komplett zu verlieren?“ -
„Welche natürliche Drawdown-Spanne
zeigen Backtests und echte Trades meines Systems?“ -
„Was reduziere ich bei −5 %, −10 %, −15 % Drawdown
(Größe / Anzahl Trades),
und was schütze ich unbedingt
(Regeln / Pausen)?“ -
„Passen meine Drawdown-Regeln
zu den Tages-/Wochenlimits aus
max-loss,
oder widersprechen sie sich?“ -
„Halte ich während der Recovery-Phase
das Risiko konstant oder reduziere ich es bewusst,
und wann gehe ich wieder auf Normalniveau?“
Kurz gesagt, Drawdown-Management ist:
nicht die Kunst, alle Verluste zu vermeiden,
sondern die Kunst, Verluste überlebbar zu machen.
Wenn Sie:
- Ihren R-Rahmen mit
risk-reward festlegen, - die Positionsgröße über
position-sizing
und atr-sizing steuern, - Tages- und Wochenverluste mit
max-loss begrenzen
und dazu einen Drawdown- und Recovery-Plan
wie in diesem Beitrag ergänzen,
sind Sie deutlich besser auf die langen,
unangenehmen Verlustphasen vorbereitet,
die jeden Trader irgendwann treffen.