Maximale Verlustregeln: Mit der 1–2%-Regel das Konto schützen
In risk-reward,
position-sizing und
atr-sizing haben wir:
- 1R (max. Verlust pro Trade) definiert und
- gelernt, wie man die Positionsgröße so berechnet,
dass ein ausgestoppter Trade ungefähr 1R verliert.
In diesem Beitrag gehen wir eine Ebene höher:
„Wie viel bin ich bereit,
an einem Tag, in einer Woche oder in einem Monat zu verlieren?“
Hier kommen Maximalverlust-Regeln (Max Loss Rules) ins Spiel.
1. Warum überhaupt maximale Verlustregeln?
Selbst Trader mit gutem Risikomanagement können:
- in Verlustserien geraten oder
- Tage haben, an denen Emotionen dominieren.
An solchen Tagen brechen oft
die üblichen Regeln zusammen.
Typischer Ablauf:
- normalerweise riskiert man 1R = 1 % pro Trade,
- nach drei Verlusten in Folge:
- werden Stopps aufgeweicht,
- Positionsgrößen erhöht,
- zusätzliche Trades geöffnet,
um „alles zurückzuholen“.
Was hier fehlt, ist:
ein Sicherheitsrahmen oberhalb des einzelnen Trades
– auf Kontoebene.
Also nicht nur:
- „Wie viel darf ich in diesem Trade verlieren?“
sondern auch: - „Wie viel darf ich heute / diese Woche / diesen Monat verlieren,
bevor ich stoppe oder zurückfahre?“
Genau das leisten Max Loss Rules.
2. Kurz wiederholt: 1R (Risiko pro Trade)
Aus risk-reward:
- Konto: 10.000 USD
- Risiko pro Trade: 1 %
Dann gilt:
1R = 100 USD
Und wie in position-sizing beschrieben:
- mit dem Abstand zwischen Entry und Stopp, oder
- mit ATR-basierten Abständen aus atr-sizing
berechnen wir die Positionsgröße so, dass:
Verlust beim Stopp ≈ 1R.
Das ist die Trade-Ebene.
Nun gehen wir auf die Tages-/Wochensicht.
3. Risiko pro Trade vs. max. Verlust pro Tag/Woche
Ein häufig genutzter Rahmen sieht so aus:
-
Risiko pro Trade: 0,5–2 % des Kontos (1R)
- Einsteiger: 0,5–1 %
- Erfahrener: 1–2 %
(darüber hinaus wird es sehr aggressiv)
-
Maximaler Tagesverlust: 2–4 % des Kontos
- Beispiel: bei 1R = 1 %
entspricht das 2–3R (2–3 %).
- Beispiel: bei 1R = 1 %
-
Maximaler Wochenverlust: 4–8 % des Kontos
- Beispiel: bei 1R = 1 %
entspricht das 4–6R.
- Beispiel: bei 1R = 1 %
Diese Werte sind nur Beispiele.
Sie hängen von Risikotoleranz, Strategie und Kapital ab.
Wichtig ist die Idee:
Erreicht der kumulierte Verlust eine bestimmte R-Zahl,
wird das Trading gestoppt oder das Risiko reduziert.
4. Beispiel: 1–2%-Regel für ein 10.000-USD-Konto
Nehmen wir ein klares Regelset an:
- Konto: 10.000 USD
- Risiko pro Trade: 1 % (= 1R = 100 USD)
- Maximaler Tagesverlust: 3R (= 3 % = 300 USD)
- Maximaler Wochenverlust: 6R (= 6 % = 600 USD)
4-1. Tagesregel
- Wenn der realisierte Tagesverlust −3R (= −300 USD) erreicht:
- kein weiterer Trade an diesem Tag,
- Charts nur noch zur Analyse,
- Live-Trading erst am nächsten Tag wieder.
4-2. Wochenregel
- Wenn der kumulierte Verlust von Montag bis Freitag
−6R (= −600 USD) erreicht:- für den Rest der Woche Pause, oder
- Umstieg in einen „Reduced-Risk-Modus“
wie in drawdown
(z. B. 1R von 1 % auf 0,5 % senken).
Mit diesem Rahmen:
- sind auch an schlechten Tagen
- und während Verlustserien
große Kontoschäden in kurzer Zeit deutlich schwerer möglich.
5. Wovor ein tägliches Max-Loss-Limit in der Praxis schützt
Ein paar typische Situationen,
in denen Tageslimits als Schutznetz wirken:
-
Rache-Trading (Revenge Trading)
- ein Verlust → Frust →
impulsive Einstiege mit schlechter Qualität →
Tagesverlust von 5–10 %.
- ein Verlust → Frust →
-
Falsche Markteinschätzung an diesem Tag
- die Strategie passt einfach nicht
zum aktuellen Umfeld, - statt dies zu akzeptieren,
wiederholen Sie denselben Ansatz immer wieder.
An solchen Tagen ist
eine Max-Loss-Regel ein Not-Aus-Schalter. - die Strategie passt einfach nicht
-
Müdigkeit und Konzentrationsmangel
- wenig Schlaf,
- Doppelbelastung durch Job,
- familiärer oder anderer Stress.
Das Problem ist hier nicht der Markt, sondern:
„Der Trader ist heute nicht im Normalzustand,
Fehlerwahrscheinlichkeit ist erhöht.“
Max-Loss-Regeln sind dann die letzte Barriere
gegen Overtrading in diesem Zustand.
6. Häufige Fehler bei Maximalverlust-Regeln
6-1. Regeln definieren, aber nicht einhalten
Der Klassiker:
- im Journal steht:
„Bei −3R pro Tag ist Schluss“, - in der Realität:
bei −3R denkt man:- „Nur noch dieser eine Trade,“
- „Diese Chance ist zu gut,“
- „Ich höre danach auf.“
Damit haben Sie faktisch keine Regel.
Schlimmer noch:
die Illusion von „Regeln“ kann dazu führen,
dass Sie sich sicherer fühlen, als Sie sind.
Eine Max-Loss-Regel hat nur dann Wert,
wenn sie ein harter Stopp ist:
Wird sie erreicht, ist Schluss.
6-2. Maximalverlust zu hoch im Verhältnis zur Kontogröße
Beispiel:
- Konto 10.000 USD,
- 2 % Risiko pro Trade,
- max. Tagesverlust = 10 % (= −1.000 USD).
Ein paar Fehlentscheidungen
können in kürzester Zeit
zu massiven Kontoschäden führen.
Wenn es um langfristiges Überleben geht,
ist es sinnvoller:
- den max. Tagesverlust zunächst
bei 2–3R anzusiedeln.
6-3. Strategieeigenschaften (Trefferquote, R/R) ignorieren
- Strategien mit hoher Trefferquote
vs. niedriger Trefferquote, aber hohem R/R
haben unterschiedliche typische Verlustserien.
Beispiel:
- bei ca. 35 % Trefferquote und R/R = 1:3
sind 5–6 Verluste in Folge normal.
Hat diese Strategie:
- Max-Loss pro Tag = 2R,
kann sie zu oft gestoppt werden,
obwohl sie statistisch korrekt arbeitet.
Max-Loss-Regeln sollten daher:
- grob auf Trefferquote, R/R und typische Serienlänge
der eigenen Strategie abgestimmt sein.
7. Checkliste für Ihre eigenen Max-Loss-Regeln
Einige Fragen,
die bei der Gestaltung passender Regeln helfen:
-
„Wie hoch ist mein aktuelles 1R
in Prozent und in Kontowährung?“
(risk-reward) -
„Wie sehen die Basiswerte meiner Strategie aus?“
- angenäherte Trefferquote,
- durchschnittliches R/R,
- typische Länge einer Verlustserie.
-
„Wieviele Verlusttrades pro Tag
verkrafte ich emotional,
bevor ich in den Tilt rutsche?“ -
„Bei welchem Tages-Max-Loss in R
bleibe ich noch klar im Kopf
und das Konto ist nicht massiv beschädigt?“ -
„Habe ich Wochen-/Monats-Max-Loss-Regeln,
nach denen ich bei Überschreitung
eine Pause einlege, das Risiko reduziere
oder die Strategie formell überprüfe?“
Kurz gesagt, Maximalverlust-Regeln sind:
Risikomanagement auf Kontoebene,
eine Stufe über dem einzelnen Trade.
Wenn Sie:
- Ihren R-Rahmen mit
risk-reward definieren, - die Positionsgröße mit
position-sizing
und atr-sizing steuern, - und die Max-Loss-Regeln aus diesem Beitrag ergänzen,
erhöhen Sie Ihre Chancen deutlich,
auch unvermeidbare Verlustserien
als Trader zu überstehen.